Cash free & debt free: Das bedeutet der Zusatz beim Preis für den Unternehmenskauf

So wie bei Immobilienangeboten oft „lastenfrei“ vermerkt ist,  steht bei Angeboten zum Unternehmenskauf bzw. Unternehmensverkauf üblicherweise Cash & debt free“ als Ergänzung zum Kaufpreis angefügt.

Dieser „Brutto"-Kaufpreis spiegelt – etwas vereinfacht ausgedrückt – den Preis für ein Unternehmen ohne Schulden und ohne liquide Mittel wider. Zunächst müssen Verkäufer und Kaufinteressent im Prozess der Unternehmensnachfolge über diesen „Brutto"-Kaufpreis eine Einigung erzielen. Da es jedoch Unternehmen gänzlich ohne „Cash“ und ohne „Debts“ nicht gibt, bildet der „Brutto“-Kaufpreis nur die Basis, um davon ausgehend den tatsächlichen „Netto“-Kaufpreis zu ermitteln. Für den tatsächlichen Kaufpreis sind also Cash-Positionen (vorhandene liquide Mittel) hinzuzurechnen und Debt-Positionen (verzinsliche Verbindlichkeiten) in Abzug zu bringen. Es ist demnach wichtig festzustellen, welche Aktiv- und Passivpositionen im Preis enthalten sind.

Standard ist, dass ein Unternehmen so übergeben wird, dass es ohne Zufuhr liquider Mittel fortgeführt werden kann. Dies bedeutet, dass man sich bei den dementsprechenden Positionen auf eine normalisierte Höhe des Working Capital mit der Höhe des notwendigen Warenvorrates einigen muss bzw. dass dieses bei Übergabe vollständig vorhanden sein muss. Auch das notwendige Anlagevermögen muss verfügbar sein, um als Unternehmensnachfolger ohne zusätzliche Investitionen die Produktion bzw. die Geschäftstätigkeit fortsetzen zu können.

Zusätzlich zu den verzinslichen Verbindlichkeiten und liquiden Mitteln gibt es noch weitere Abzugs- und Zurechnungspositionen (Net Debts), die zu berücksichtigen. Zum Beispiel sind Steuerrückstellungen für schon erhaltene Gewinne und Rückstellungen für Aufwendungen mit Einmaleffekt in Abzug zu bringen. Nicht notwendiges Betriebsvermögen ist – wenn dieses im Rahmen der Unternehmensnachfolge mitübergeben wird – hinzuzurechnen. Weiter stellt sich die Frage, wie Maschinenleasing und das Factoring von Kundenforderungen zu berücksichtigen sind. Letztlich ist von einem gewöhnlichen Geschäftsverlauf (Ordinary Course of Business) auszugehen, um zu einem normalisierten Working Capital zu gelangen.

Die bestimmenden Faktoren zwischen „Brutto“-Kaufpreis (Enterprise Value) und „Netto“-Kaufpreis (Equity Value) sollten früh im Verkaufsprozess verhandelt und das Ergebnis jedenfalls in der Absichtserklärung (Letter of Intent) festgehalten werden, um einen späten Deal Breaker zu vermeiden.

Sollte sich während des Prozesses der Unternehmensnachfolge zwischen der Kaufpreiseinigung und dem wirtschaftlichen Übergang auf den Nachfolger der Geschäftsverlauf ändern, so ist nicht mehr neu zu verhandeln. Die Höhe des normalisierten Working Capitals ist bereits vereinbart, daher haben Verschiebungen innerhalb der einzelnen Positionen des Working Capitals keine Bedeutung. Der Betriebserfolg dieser Zeitspanne ist – Abgrenzungen vorausgesetzt – voll berücksichtigt, da er sich in einer Veränderung der zu entnehmenden liquiden Mittel widerspiegelt.

Autor:

Rudolf Fantl

Geschäftsführer

Mag. Rudolf Fantl studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien und war viele Jahre als selbständiger Steuerberater tätig. Bereits während dieser Zeit spezialisierte sich Mag. Fantl auf das Gebiet der Unternehmensnachfolge. Im Frühjahr 2003 wurde schließlich die Fantl Consulting GmbH gegründet, deren geschäftsführender Gesellschafter er ist.